Jod (Iod)

SCHILDDRÜSENERKRANKUNG

Jod (Iod) ist ein sogenanntes essentielles Spurenelement. Es gehört zu der Elementkategorie der Halogene und ist im gasförmigen Zustand dunkel-violett, was dem Stoff seinen Namen einbrachte (altgriechisch=ioeides). Bei Raumtemperatur ist Jod ein Feststoff.

Essentielles Spurenelement bedeutet, dass es in der Natur in vergleichsweise geringen Mengen vorkommt. Zugleich ist es für den Menschen und auch einige Tiere aber unentbehrlich, Jod mit der Nahrung in ausreichenden Mengen aufzunehmen. Das liegt vor allem daran, dass der Körper Jod zum einen nicht selbst produzieren kann und zum anderen zwingend benötigt, um Schilddrüsenhormone bilden zu können.

Im Alltag begegnet uns Jod, neben seinem Vorkommen in Nahrungsmitteln, z. B. in Form von antiseptischen Jodlösungen (oder Jodsalben), Röntgenkontrastmitteln oder aber als Notfall-Jod-Tablette zum Strahlenschutz im Falle eines Atomunfalles, der die Aufnahme radioaktiver Stoffe in die Schilddrüse verhindern soll.  

 

Jodmangel macht krank. Bei einem länger bestehenden Jodmangel kann es zur sogenannten Jodmangel-Struma (Kropf) kommen, in dessen Folge auch eine schwere Schilddrüsen-Unterfunktion entstehen kann.

 

Schwangere/Stillende sollten besonders auf eine ausreichende Jodzufuhr achten, da ein Jodmangel zu einer schweren geistigen Retardierung (Kretinismus) des Kindes führen kann. Aus diesem Grund wird im Neugeborenen-Screening an Tag drei nach der Geburt auch auf einen Jodmangel getestet.

 

In den deutschen Ackerböden ist Jod nicht in ausreichenden Mengen enthalten, sodass Maßnahmen wie das Versetzen von Speisesalz oder Futtermitteln mit Jod ergriffen wurden, um die Jodversorgung in Deutschland zu verbessern. 

 





Jodmangel – Häufigkeit

Jodmangel ist häufig: Etwa 750 Millionen bis 1 Milliarde Menschen sind nach Schätzungen der WHO weltweit betroffen, 380 Millionen davon in Zentral- und Westeuropa. (1)

Jodmangel ist eine endemische Problematik. Er tritt vor allem in sogenannten Jodmangelgebieten auf: Gebiete, in denen über die Jahrmillionen der Erdgeschichte das einst vorhandene Jod ausgewaschen wurde. Dazu zählen vor allem küstenferne Regionen mit hohen Niederschlagsmengen (ursprünglich vor allem Alpenregionen und der Balkan). 

Deutschland gehört größtenteils ebenfalls zu einer solchen nassen Klimazone, dessen Ackerböden nicht genügend Jod zur Verfügung stellen. Ein weiterer Grund für das Auftreten von Jodmangel ist der vergleichsweise geringe Konsum von Seefisch. (2, 3) Eine Studie mit Kindern und Jugendlichen, bei denen die Jodausscheidung im Spontan-Urin gemessen wurde, konnte zeigen, dass 58% der Untersuchten unter der WHO-Grenze für eine ausreichende Jodversorgung lagen. Diese Ergebnisse entsprachen im Median sogar einem milden Jodmangel auf gesamter Bevölkerungsebene. (2) Weiterhin zeigte sich ein Negativtrend, also eine sich wieder verschlechternde Versorgungslage der Bevölkerung trotz bereits etablierter Jodierung von Speisesalz bzw. Futtermitteln. Es wird aktuell aus Fachkreisen gefordert, den Jodgehalt des jodierten Salzes, wie etwa in damit bereits erfolgreichen Nachbarländern wie der Schweiz, anzuheben. (3) In der industriellen Nahrungsmittelproduktion wird übrigens häufig nicht-jodiertes Speisesalz verwendet. Frisch kochen lohnt sich also.

 


WHO-Kriterien zur Charakterisierung des Jodstatus mittels Messung der Jodkonzentration in Spontanurin – anwendbar auf den Populationsmedian. (2)

MEDIANE JODKONZENTRATION

IM URIN (µg/l)

JODSTATUS
<20 schwerer Jodmangel 
20–49 moderater Jodmangel
50–99 milder Jodmangel
100–199 ausreichend/optimal
200–299 mehr als ausreichend
 >300 übermäßig


Jodmangel – Diagnostik

In normalen Hausarztpraxen kommen Jod-Bestimmungen praktisch nicht vor; es wird eine Schilddrüsen-Basis-Diagnostik durchgeführt. Bei Vergrößerung der Schilddrüse (Sicherung im Ultraschall) mit jedoch normalen Schilddrüsenwerten (TSH, T3, T4) spricht man von einer sogenannten „euthyreoten Struma“, was soviel heißt wie „Vergrößerung der Schilddrüse mit normaler Funktion“. Aufgrund der endemischen Jodmangel-Lage sowie der beeindruckend hohen Prävalenz von ca. 30% eines Jodmangel-Strumas in Deutschland, wird ein Jodmangel nahegelegt und bei unauffälliger ergänzender Diagnostik zunächst auch therapiert.  

 

Die weiterführende Diagnostik hängt von den Ultraschallbefunden ab – auffällige Knoten etwa müssen weiter untersucht werden. Eine Szintigraphie kann Aufschluss über die Schilddrüsenfunktion geben und ggf. Verdachtsdiagnosen bestätigen. 

 

Messmethoden Jodhaushalt:

  1.  Urin-Ausscheidung von Jod (4)
  2.  Jodgehalt im Serum
  3.  Jodgehalt im Speichel

Jod kann auf verschiedene Arten gemessen werden. Zur Einschätzung der individuellen Jodversorgung eignet sich vor allem eine Bestimmung der Jodausscheidung über den Urin. Hierzu kann Spontanurin verwendet werden oder aber ein sogenannter Jodsättigungs-Test. Letzterer ist in der Regel aussagekräftiger, da er geringeren Schwankungen unterliegt. 

 

In einer Spontan-Urin-Untersuchung wird stichprobenartig der Urin untersucht. Hierbei sollten 24 h vor Probeentnahme auf die Einnahme jodhaltiger Medikamente oder stark jodhaltiger Speisen verzichtet werden, um eine Verfälschung des Testes zu verhindern (falsch positive Ergebnisse).

 

Beim sogenannten Jodsättigungs-Test wird eine definierte Menge an Jod verabreicht und die nachfolgende Jodausscheidung in 24h nach Einnahme gemessen. Dieser Test ist weitgehend unabhängig von der Nahrungsaufnahme.

  

JODAUSSCHEIDUNG:

Folgendes Prinzip liegt der Bestimmung der Jodausscheidung im Urin zugrunde:

Es konnte gezeigt werden, dass Menschen, die ausreichend mit Jod versorgt sind, ca. 90% des mit der Nahrung aufgenommenen Jods innerhalb der darauffolgenden Tage wieder ausscheiden. Gemessen wird dann meist der Jodgehalt pro Gramm Kreatinin, ein Stoff dessen Ausscheidung zur Berechnung der Nierenfunktion herangezogen wird. (5) Je weniger Jod also ausgeschieden wird, desto schlechter ist die aktuelle Jodversorgung.



Jodmangel – Folgen

Sinkt durch einen Jodmangel merklich die Produktion der Schilddrüsenhormone, so wird dies im übergeordneten Zentrum der Hypophyse registriert. Es wird das Steuerhormon TSH (Thyroidea Stimulierendes Hormon) ausgeschüttet, das die Produktion und Ausschüttung von Schilddrüsenhormonen anregt und wiederum zur Vermehrung (Proliferation) von Schilddrüsengewebe führt. Die Schilddrüse vergrößert sich und kann in sehr ausgeprägtem Fall als Kropf wahrgenommen werden (sieht man heutzutage nur noch sehr selten).

 

Bei fortbestehendem Mangel kommt es zur zunehmenden Schilddrüsenunterfunktion mit den oben genannten Symptomen. In der Extremform kann es zum sogenannten Myxödem-Koma kommen. Dies ist zwar heutzutage selten, aber sollte als lebensbedrohliche Komplikation nicht vergessen werden.

 


Dr. Matthias Marquardt, Vitalarzt, Schilddrüse und Jodeinnahme

30% der deutschen Bevölkerung sind von Jodmangel betroffen.

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Jodmangel – Substitution

Jodsubstitution wird bereits seit vielen Jahren flächendeckend durch das Jodieren von Futtermitteln und Speisesalz betrieben. Weltweites Vorbild dafür war die Schweiz, die bereits in den 1920er Jahren mit einer Speisesalzjodierung begannen und diese in den folgenden Jahren flächendeckend etablierten. Mittlerweile ist die Jodierung von Speisesalz in einigen Ländern verpflichtend und sogar gesetzlich geregelt. In Deutschland gibt es zwar eindeutige Empfehlungen zum Verzehr jodierten Speisesalzes, eine gesetzliche Vorgabe existiert aber nicht. So verbleibt die Verantwortung letztlich bei uns nach dem jodierten Salz zu greifen. Dies ist laut WHO die sicherste, lang erprobte und effektive Möglichkeit, ausreichend Jod zuzuführen. Problematisch ist, dass ca. 80-90 % unserer Gesamt-Salzzufuhr aus industriell verarbeiteten Lebensmitteln stammt. Diese enthalten allerdings in weniger als 30% der Fälle jodiertes Salz. (6)

 

Bevor wir zu einer strukturierten und kontrollierten Jodsubstitution mittels Tabletten kommen, soll hier beispielhaft der Jodgehalt verschiedener Lebensmittel dargestellt werden. Denn eine ausreichende Jodzufuhr ist grundsätzlich über eine ausgewogene Ernährung sicherzustellen.

 


Jodgehalt Nahrungsmittel (7)

NAHRUNGSMITTEL

µg Jod/100g

Fleisch 

 
Schwein, Rind, Hühnchen, Kalb 0
Salami 3

Süßwasserfisch

 
Forelle 2
Pangasius 0
 Lachs 5

Meerfisch/Seefisch

 
Kabeljau 170
Steinbutt 500
Schellfisch 243
Thunfisch 50

Milch und Milchprodukte

 
Butter 2
Vollmilch 18
Naturjoghurt 11
Quark 18
Schafskäse Feta 93
Parmesan 127

Sonstige Lebensmittel

 
Verschiedene Fette und Öle 0
Obst 0
Gemüse 0
Brot geringe Mengen je nach verwendetem Salz
Sojajoghurt 0
Nudeln 0
Reis 0
Mineralwasser stark schankende Mengen von jodarm bis jodreich
Hühnerei 59

Eine Substitution von Jod mittels Jodtabletten ist eine sinnvolle Ergänzung zur häufig nicht ausreichenden Versorgung durch die Nahrung. Sie sollte allerdings nur nach vorheriger ärztlicher Diagnostik (Schilddrüsenwerte, ggf. Jodgehalt, Sonographie) erfolgen.

Cave:

Bei einer latenten Hyperthyreose (versteckte Überfunktion, TSH niedrig, Schilddrüsenparameter normal, sonographisch „autonome“ Knoten) kann eine plötzliche Erhöhung der Jodzufuhr etwa durch Tabletten zur Manifestierung der Hyperthyreose (echte Überfunktion) führen, im schlimmsten Falle droht eine sogenannte „Thyreotoxische Krise“. Diese ist die Extremform einer Überfunktion und kann potenziell tödlich verlaufen.

 



Jodtabletten (4, 8)

Bei der Einnahme von Jodtabletten sollte man verschiedene Indikationen unterscheiden. Zum einen kann Jod prophylaktisch als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden, um in Mangelgebieten eine ausreichende Jodversorgung sicherzustellen und die Entstehung eines Jodmangels zu verhindern. Hierzu werden für Erwachsene tägliche Dosen von 100–200 µg Jod pro Tag empfohlen, bei Kindern und Jugendlichen 50–100 µg pro Tag. Nach Schilddrüsen-Entfernung sollten täglich 100–200 µg Jod eingenommen werden.

 

Besteht bereits ein Jodmangel, so können die Jod-Dosen auch passager bis 500 µg Jod pro Tag erhöht werden. Ist die Schilddrüse durch den Jodmangel bereits vergrößert (Jodmangel-Struma), so wird empfohlen, trotz normaler Schilddrüsenhormon-Werte L-Thyroxin einzunehmen, da dadurch der Wachstumsreiz der Schilddrüse effektiver gesenkt werden kann. Eine Verkleinerung der Schilddrüse von etwa 20 % dauert allerdings etwa 1–1,5 Jahre.

 

Prophylaxe des Jodmangels

  •  100-200 µg Jod/d
  •  Kinder und Jugendliche 50-100 µg Jod/d

Prophylaxe nach Schilddrüsen-Entfernung

  • 100-200 µg Jod/d

Therapie bei Jodmangel-Mangel-Struma

  • Bis zu 200-500 µg Jod/d
  • zusätzlich L-Thyroxin empfohlen um Hypertrophie-Reiz der Schilddrüsenfollikel effektiver zu reduzieren (2:1 Verhältnis empfohlen, 20 % Effekt nach 1-1,5 Jahren zu erwarten)
  •  Kinder und Jugendliche 100-200 µg Jod/d als Monotherapie

DGE-Empfehlungen Jodzufuhr/d (9)

ALTER

µg/Tag

Säuglinge

 
0–4 Monate 40
4–12 Monate 80

Kinder

 
1–4 Jahre 100
4–7 Jahre 120
7–10 Jahre 140
10–13 Jahre 180
13–15 Jahre 200

Jugendliche

 
15–19 Jahre 200
19–25 Jahre 200
25–51 Jahre 200
51–65 Jahre 180
> 65 Jahre 180

Schwangere

230

Stillende

160


(1)  World Health Organization. Iodine status worldwide: WHO global database on iodine deficiency. 2004.

(2) Johner SA, Thamm M, Schmitz R, Remer T. Examination of iodine status in the german population: An example for methodological pitfalls of the current approach of iodine status assessment. Eur J Nutr. 2016;55(3):1275-1282.

(3) Gärtner PDR. Arbeitskreis jodmangel e.V. www.jodmangel.de Web site. https://jodmangel.de/2019/deutschland-ist-wieder-jodmangelland/#more-2647. Accessed 10.08., 2021.

(4) Gröber U, Kisters K. Orthomolekulare medizin. Auflage, WVG, Stuttgart. 2002.

(5) Johner SA, Thamm M, Schmitz R, Remer T. Examination of iodine status in the german population: An example for methodological pitfalls of the current approach of iodine status assessment. Eur J Nutr. 2016;55(3):1275-1282.

(6) Bissinger K, Busl L, Dudenhöfer C, et al. Repräsentative markterhebung zur verwendung von jodsalz in handwerklich und industriell gefertigten lebensmitteln. Abschlussbericht zum Forschungsprojekt zur Bereitstellung wissenschaftlicher Entscheidungshilfe für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). 2018.

(7) Buchinger W, Zettinig GJ. Jodgehalt in nahrungsmitteln. Die Jodbroschüre der Österreichischen Schilddrüsengesellschaft. 2017.

(8) Amboss - aktuelles medizinwissen. www.amboss.com Web site. https://next.amboss.com/de. Accessed 16.08., 2021.

(9) für die Nährstoffzufuhr, DA-CH Referenzwerte. Deutsche gesellschaft für ernährung, österreichische gesellschaft für ernährung, schweizerische gesellschaft für ernährungsforschung, schweizerische vereinigung für ernährung. Frankfurt am Main. 2000.